Wendy, Pferd, Tod, Mexiko, Verlust, Kampf, Gewalt, Zärtlichkeit, Disziplin, Traum.
Sprache wird zu Klang und Klang zu Sprache. Aus dem Fragmentarischem wird das Dichte gewebt. Aus dem Brüchigen das Ganze. Gegenstimmen, Gegensätze und Misstöne finden zueinander und klingen auf. Über die Verfremdung findet sich die Neudeutung. Im Verlorenen die Anfänge. Zeitstrukturen werden durch Loops befragt und montiert, Fieldrecordings aus Mexiko treffen auf Osojniks Gesang. Gesprochene Sprache verwandelt sich in Melodien, Noise verwandelt sich in bittersüße Rancheras.
ZUM TEXT
Mindestens eine Generation Mädchen ist mit der adretten und ehrgeizigen Reithoftochter Wendy aufgewachsen. Diese Comic-Figur, Inbegriff strahlender Mittelmäßigkeit und philiströser Entsprechung, dient als Folie für eine Reise- und Liebeserzählung, die ihre Leser in Zonen emotionaler wie sozialer Eskalation einer Mega-Metropole führt. Natascha Gangl „upcyclet“ Liedtextzeilen aus Rancheras und Reklameparolen und webt die Fundstücke des fremden Sprachraums in eine Textur von höchster metaphorischer Dichte ein. “Wendy fährt nach Mexiko” öffnet Gedankenschleusen zu einer flirrenden, von Traumlogik und animistischer Zauberei geprägten Zwischenwelt. Natascha Gangls Buchdebüt bewegt sich in atemberaubender Gewandtheit zwischen irrlichternder Exotik und lakonischer Präzision.
„Wendy fährt nach Mexiko“ ist somit eine höchstgradig subjektive Anverwandlung, Aneignung und gleichzeitig mittels individueller Formsprache erfolgende Umwandlung und Neuschöpfung von Welt. Man könnte auch einfach sagen: Gute Literatur. Und wie immer bei guter Literatur liegt gerade in der höchsten künstlerischen Subjektivität stets das alle Mitmeinende, alle Mitbetreffende, wird das kollektiv Gültige im scheinbar Singulären offenkundig.“
GERALD LIND, LITERATURHAUS WIEN.
ZUR KOMPOSITION
Rdeča Raketa betreiben Soundwissenschaft und elektroakustische Forschung, die sich nicht in Abstraktion ergeht, sondern erfrischend lebendig klingt. Es entsteht akustische Poesie, die manchmal mit jeglicher Musikalität bricht um Soundgemälde entstehen zu lassen, die Hörgewohnheiten und zeitgenössische kulturelle Codes auf den Kopf stellen – in Kino und Konzertsälen, Theaterräumen und Installationen.
Zuerst der Name. Dann die Musik. Dann der Text. Dann die Fotografie. Dann die Sprache. Dann die Landschaft, der Karst und das Meer. Dann Kranj, Bilčovs, Ljubljana, Wien. Dann die Politik. Dann die Aktion. Nein! Das „Dann“ gibt es nicht bei rdeča raketa. Alles ist da, man kann es spüren, später weiß man es: Verlust, Krise, Krieg, Drohung, Wut, Kampf, Zerstörung, Dystopie, Traurigkeit, Fragmentiertheit des Lebens, Utopie auch, das Robuste, das Leise und das Innige. … Zentrales musikalisches Stilmittel ist die Verfremdung, die Neudeutung des akustischen Materials. Damit wir das Fremde und Befremdliche nicht überhören? Rdeča raketa löst Kosovels Forderung ein, der Künstler möge den “genauesten Ausdruck eines vollständigen Erlebnisses finden, das durch diese organische Gestalt unmittelbar wirke.“ Die kunstvolle Verwebung von gesprochener Sprache (basierend auf Osojniks Texten), analog-elektronischer und digitaler Klanggenerierung (Synthesizers, Computer), subtil eingesetzten Samples und Fieldrecordings sowie von akustischen Instrumenten samt elaborierter Klangprozessierung (Bassblockflöten- Haucher, Stimmen-Stöhnen, hundertfache Schichtung von Kontrabasstönen, verstimmtes Hochkulturklavier im Normal und Reverse-Modus) stellt sich als eine wundersam heterogene Mischung dar, die – zu einem unteilbaren Ganzen verdichtet – weit über das Feld der Musik hinausweist.
BURKHARD STANGL „Aporie und Zuversicht. Über Wir werden von rdeča raketa)
SPECIAL THANKS TO OUR DEAR FRIENDS, WHO SHARED THEIR VOICES:
Joao Avilla, Barbara Briñon Anton, Eva Hoya, Moíses Iglesias Kühn, Georg Leß, James Parker.
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